Es ist ein Shitstorm, den es in Basketballdeutschland so wohl noch nicht gegeben hat. Seit dem Relaunch von Beko-BBL.de im September stehen die Fans fassungslos vor einer offizielle Website der deutschen Basketball Bundesliga, die offensichtliche Mängel aufweist. Dabei handelt es sich nicht um “Schönheitsfehler” oder Änderungen im Design, über die sich stilistisch streiten lässt. Die Website, die da vor Saisonbeginn an den Start ging und die Internet-Präsenz des deutschen Oberhauses in ein neues Zeitalter führen sollte, war schlicht und einfach unbrauchbar.
Die Boxscores funktionierten nicht, das so hoch gepriesene “Responsive Design” – welches eigentlich ermöglichen soll, dass die Seite auf Computern, Tablets und Handys jeweils optimal dargestellt wird – tat genau das Gegenteil … die Seite war auf keinem Endgerät wirklich nutzbar. Ein Beispiel: Auf dem iPhone-Browser Safari konnte in den Boxscores nur gescrollt werden, wenn der Finger ganz unten auf dem Display angesetzt wurde. Eine normale Seite mit Spielstatistiken schlug mit sage und schreibe um die zehn Megabyte Datenvolumen zu Buche – eine Katastrophe für Handynutzer ohne Datenflatrate. Und das war nur die Spitze des Eisbergs.
Am ersten Spieltag folgte der GAU. Livescores waren schwer oder gar nicht zu finden, die Boxscores fehlten …
Kein Wunder also, dass überall im funktionierenden Internet, Facebook und Twitter ein Shitstorm entfacht wurde, wie er wütender kaum hätte sein können.
Fragt sich: Was war passiert? Wie konnte so eine unfertige, kaputte Seite online gestellt werden?
Nach intensiver Recherche lässt sich ein recht klares Bild davon zeichnen, wieso Beko-BBL.de in diesem Zustand gelauncht wurde. “Recht klar” weil ein wichtiger Gesprächspartner keine Zeit hatte, um Fragen zum Webauftritt der BBL zu beantworten. Auf telefonische Nachfrage bei Apareo, der mit dem Relaunch beauftragten Agentur, gab es nur die Auskunft, dass “bis Ende Oktober keine Statements zu dieser Seite abgegeben werden können, weil pausenlos an dem Portal gearbeitet werden muss.” Um also abschließend zu beurteilen, wie Beko-BBL.de so passieren konnte, braucht es noch etwas Zeit …
Trotzdem lässt sich mit den Informationen anderer Quellen nachvollziehen, was geschehen ist.
Ausgangspunkt ist die Insolvenz des ehemaligen WWW-Dienstleisters der BBL. Die Seite musste also neu gelauncht werden. In der Saison 2012/13 behalf sich die Liga mit einer Übergangslösung, um den Spielbetrieb sauber abwickeln zu können und suchte nach einer Agentur, mit der ein ambitionierter Neustart hingelegt werden könnte. Die Wahl fiel auf Apareo, eine renommierte Adresse, die unter anderem für Bayern München, Bayer Leverkusen und die Handball Bundesliga Internetauftritte gebaut hat.
Wie von der BBL in verschiedenen Statements beschrieben, wurden in der Planungsphase Tests durchgeführt, die in keinster Weise darauf hindeuteten, dass es massive Probleme mit der Seite nach dem Launch geben würde. Also wurde der Umzug des riesigen Statistikservers der BBL – ein komplizierter Kraftakt – im Sommer beschlossen.
Dann jedoch gab es – nach den verschiedenen Konzeptions- und Testphasen – Verzögerungen bei der Programmierung des Webauftritts. Der BBL wurde von Apareo versichert, dass diese aber schnell behoben würden. Dies passierte nicht.
Hier wird die Liga vor der Entscheidung gestanden haben: Mit einer fehlerhaften Page online gehen oder nicht? Sie wird sich für Ersteres entschieden und die alten Server gekündigt haben, weil ihr versichert wurde, dass die Unwägbarkeiten schnell aus der Welt geschafft würden. Ein anderes Kalkül wird gewesen sein, dass die Live-Schaltung von Beko-BBL.de Druck auf Apareo ausüben würde, das eigene Produkt schnellstmöglich auf Vordermann zu bringen.
Die BBL hat sich in dieser Hinsicht verspekuliert, einen Vorwurf kann ihr aber kaum gemacht werden: Die Tests im Vorfeld ließen die Probleme nicht erahnen, die Liga stand unter Zugzwang. Im Ligabüro ahnte niemand, dass sich der Desaster-Relaunch über Wochen hinziehen würde.
Hinter den Kulissen arbeiteten die mit dem Projekt beauftragten BBLer unter Hochdruck, als klar wurde, dass trotz aller gebotenen Eile Apareo die Probleme nicht in den Griff bekam. So ließ die Liga ihre eigenen Programmierer die aktuell auf Beko-BBL.de sichtbaren, neuen Boxscores (seit Mittwoch online) als Übergangslösung programmieren.
Hätten die Entscheider in Köln gewusst, dass der Partner nicht zeitnah liefern kann, einiges wäre anders gelaufen. Die Liga vertraute jedoch ihrem Dienstleister, der eben einen sehr guten Ruf in der Branche besitzt. Was blieb ihr übrig?
Wie geht es nun weiter? Apareo sagt, dass die Probleme bis Ende des Monats beseitigt werden. Aufgrund der massiven Probleme und der zum Teil haarsträubenden Fehler fällt es schwer, dies zu glauben. Den Fans bleibt momentan nichts weiter, als zu hoffen, dass die Sofortmaßnahmen der Ligaprogrammierer die Seite zumindest nutzbar machen.
Bleibt eine Frage: Warum hat die BBL den katastrophalen Neustart und die damit verbundenen Probleme nicht besser kommuniziert? Wieso wurde die Seite über alle Maßen gelobt, danach aber nicht erklärt, warum die Seite nicht nutzbar ist?
Hier lassen sich nur Vermutungen anstellen. Vielleicht sollte der Partner nicht bloß gestellt werden? Vielleicht unterschätzte die Liga den Effekt, den Beko-BBL.de in diesem Gewand haben würde?
Fest steht, dass die Fans mit ihrem Frust allein gelassen wurden. Das kann oder muss sogar der Liga vorgeworfen werden. Im Zeitalter von Social Media verzeiht eine treue Community viel. Wenn ihr erklärt wird, dass es Probleme gibt, zeigt sie Verständnis. So wie es aber gelaufen ist, wurde viel Kredit verspielt, Gemüter kochten über.
ACHTUNG: Leider habe ich gestern Abend die unredigierte Fassung des Textes gepostet – don’t sleep and post – hier die richtige Fassung minus einiger Rechtschreibfehler … Sorry dafür …
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