NBA Finals 2013: Defense wins – die Lehren der Spurs aus Spiel vier

 

[dropcap style=”font-size: 60px; color: #9b9b9b;”] N[/dropcap]ur noch wenige Stunden, dann beginnt Spiel fünf der NBA Finals 2013. Doch was war da eigentlich in der vierten Partie dieser Serie los? Wie konnten die Heat so dominieren?

Viel wurde bereits über die offensiven Leistungen von LeBron James, Chris Bosh, vor allem natürlich Dwyane Wade gesprochen. Doch die 85 Punkte der Big Three waren nur Teil der Erfolgsgeschichte des Teams von Coach Erik Spoelstra. Denn so formidabel Miamis Startrio auch im Angriff agierte, es war die Defensive der Heat, die ein vorentscheidendes 3-1 aus Sicht der Spurs verhinderte.

Genau um diese Verteidigung soll es heute gehen. Wo hat Spoelstra die so berüchtigten Adjustments gesetzt – wo hat er die Verteidigungsstrategie seiner Truppe nach dem katastrophalen dritten Spiel justiert, wo haben die Spurs Fehler gemacht?

110 Prozent für den Betrieb

Defense ist Einsatz. Dieser Leitspruch ist nicht neu, deshalb aber nicht weniger wahr. Wer sah, wie die Heat in Spiel vier über das Halbfeld flogen, der musste sich vor allem fragen: „Warum erst jetzt?“

Da war sie plötzlich die „Swarming Defense“, da bewegten sich fünf Spieler mit dem Ball. Miami stellte einen Verteidigungsverbund vor dem eigenen Korb auf, anstatt sich wie in den Begegnungen zuvor allzu oft durch das Passspiel der Spurs auseinanderdividieren zu lassen.

Natürlich gab es auch taktische Anpassungen (die drei wichtigsten folgen gleich), aber alles, was Coach Spo sich ausdachte, hätte nicht so grandios funktioniert, wenn seine Schützlinge nicht irgendwo ihre defensive Motivation gefunden hätten.

Angeführt von LeBron James und Dwyane Wade – die defensiv nicht nur extrem schnell sind, sondern auch noch die Länge und Sprungkraft haben, um gegen Big Men effektiv zu sein – zerstörte Miami das so wichtige Timing der Spurs. Die Folge? 19 Ballverluste San Antonios!

Dribbel, dribbel, dribbel …

Die Spurs sind eine Mannschaft, die fast schon europäisch spielt. Was das bedeuten soll? Während viele andere Teams ihre Stars isolieren oder so genannte Quick Hitter (Systeme mit nur wenigen Pässen, die schnell zum Erfolg führen sollen) laufen, liebt es die Equipe von Gregg Popovich das Leder laufen zu lassen, um komplett freie Abschlüsse zu kreieren. Wenn sie drei, vier, fünf Pässe über das Halbfeld jagen, reißen sie selbst die beste Verteidigung ein.

Was die Spurs allerdings nicht machen sollten – zumindest die, die nicht Parker oder Ginobili heißen? Dribbeln.

Genau dazu zwangen die Heat aber ihre Gegenüber in Spiel vier. Die Schützen Gary Neal sowie Danny Green wurden aggressiv angegangen. Drei ihrer vier Ballverluste kamen nach einem Dribbling.

Wo Passempfänger auf das nächste Anspiel warten sollten, standen Heat-Spieler. Sobald Green oder Neal den Ball bekamen, wurden sie so aggressiv angegangen, dass sie ziehen mussten … in die Arme von weiteren Verteidigern. Beide sind halt keine Playmaker.

Selbst Parker und Ginobili hatten mit der Aggressivität Miamis (die Heat sprang viel stärker auf den Dribbler beim Pick-and-Roll raus) nicht lösbare Probleme.

Das hohe Pick-and-Roll: Der abrollende Spieler

Immer wieder gelang es den Spurs in den ersten vier Partien aus einem Pick-and-Roll den zum Korb abrollenden Spieler in der Zone der Heat anzupassen. Nicht immer wurde diese Anspiel dann in einen Korb umgemünzt, in der Regel entstanden allerdings oft gute Wurfchancen für die Texaner – zum Beispiel, wenn der Ball angesichts, der in die Zone stürmenden Außenspieler nach außen zu den Dreierschützen weiter gepasst wurde oder eben doch per Korbleger des Langen.

In Spiel vier änderte sich die Taktik der Heat gegen diese Angriffsvariante. Sobald der Ball auf die Reise in die Mitte geschickt wurde, machten sich ein oder zwei Verteidiger auf den Weg, den Empfänger direkt beim Erhalt des Spielgeräts zu stören. Die restlichen Heatles stellten sich so clever wie aggressiv in die Passwege.

Der Effekt dieser Maßnahme war überragend nachhaltig … bei Tim Duncan aber natürlich vor allem bei Tiago Splitter. Beide fingen den Ball einige Male in der Bewegung, sahen bereits – als sie sich noch in der Luft befanden – die Konkurrenz auf sich zu springen und waren dann nicht in der Lage, schnell weiter zu passen oder mit Kraft gegen die kleineren Verteidiger zu finishen.

All das ist gegen LeBron James, Dwyane Wade und Co. auch nicht einfach. Die Defense der Heat ist nicht umsonst so überragend wie sie nun einmal ist – wenn die Protagonisten denn wollen. Miamis Flügel sind schnell, lang, athletisch, Splitter und Duncan sind für schnelle Manöver in der Bewegung nicht unbedingt gebaut.

Dieser Screenshot zeigt gut, wie wenig Platz die Heat dem Spur-Center beim Fangen des Balls ließen:

TD_TO1

Wo soll Duncan in dieser Szene den Ball hin bewegen? Natürlich auf die Weakside, wo Kawhi Leonard (2) und Cory Joesph (5) stehen. Einfacher gesagt als getan. Ihm wird enormer Druck gemacht, Mario Chalmers (15) wartet nur auf den Pass über die Zone …

Der Effekt dieser Defensivmaßnahme lässt sich auch in Zahlen ausdrücken: In Spiel drei trafen abrollende Spurs nach dem Pick-and-Roll 62,5 Prozent ihrer Abschlüsse, in der vierten Partie waren es nur noch 28,6 Prozent. Hatten Gregg Popovichs Mannen in der vierten Begegnung keinen einzigen Ballverlust aus dieser Aktion produziert, waren es dieses Mal drei.

Gegenmaßnahmen

Die Spurs müssen einige Umstellungen vornehmen, um diese Defensive auszuspielen. Coach Pop wird in den vergangenen beiden Trainingstagen daran gearbeitet haben, seinen Langen Möglichkeiten zu eröffnen, den Ball nach dem Abrollen schnell los zu werden. Es wäre zum Beispiel nicht überraschend, wenn die hohen Pick-and-Rolls, Blocken-und-Abrollen-Aktionen an den Seiten des Spielfeldes weichen.

Eine solche Aktion könnte zum Beispiel wie folgt aussehen: Splitter stellt rechts auf der Flügelposition einen Block für Parker, der dribbelt am Screen vorbei in die Mitte, passt auf den zum Zonenrand abrollenden Kollegen. Während dieser den Ball fängt, schneidet Tim Duncan, vom Lowpost der anderen Seite zur Freiwurflinie oder in die Zone und kann dort sofort von Splitter bedient werden. Ähnliche „Pressure Outlets“ dürfte Pop auch in das Pick-and-Roll einbauen, indem Spurs, die nicht in das Pick-and-Roll eingebunden sind, sich aus dem Schatten der Defense zu freien Plätzen bewegen, wo sie dann schnell angespielt werden können.

Außerdem ist es gut möglich, dass die abrollenden Spurs, nur in die Halbdistanz gehen, was den Weg der aushelfenden Defense länger macht.

Die Heat müssen dann extrem aufpassen. Ihre Aggressivität ist sehr effektiv, wenn der Gegner den Rhythmus oder eben direkt den Spalding verliert. Wird der Ball aber schnell aus dem Gefahrenbereich gespielt, besteht die große Gefahr, dass es ein, zwei Pässe später einen freien Dreier hagelt, weil die Wege der Verteidigung dann sehr lang werden.

Um dies allerdings zu bewerkstelligen, brauchen die Spurs gutes Spacing, der Ball muss ohne großes Zögern von einem Texaner zum anderen laufen können. Dafür müssen sie im rechten Moment frei stehen oder sich frei machen.

Eine weitere Möglichkeit den enormen Druck zu kontern, ist das Swingen das Balles früh im Angriff. So wird die Defense bewegt, der Swing (der Pass von einer Seite des Halbdfeldes auf die andere) ist mit einem Big Man in der Mitte viel leichter zu spielen. In der vierten Partie war diese Aktion in der ersten Hälfte nur selten zu sehen. Nach der Pause entstanden dann einige schöne Abschlüsse auf diese Weise, bevor ohne Parker und einem erneut indisponierten Ginobili alle Dämme brachen.

Am Ende des Tages hängt ein etwaiger Erfolg der Spurs von Parker und Ginobili ab. Sie müssen den Druck, den die Heat ausüben abfangen, ihre Big Man mit klugen Pässen füttern (Negativbeispiel in dieser Hinsicht: der Pass von Ginobili auf Duncan in Spiel vier, der zum Schrittfehler des Centers führte).

Auf der anderen Seite sollten die Heat endlich verstanden haben, dass sie über Einsatz in die Partie kommen müssen. Die Ballverluste San Antonios sind elementar wichtig für die Offensive Miamis. 23 Punkte erzielten sie direkt nach den 19 Turnovern der Konkurrenz. Die Heat nahmen 85 Würfe, die Spurs nur 70.

Also bleibt festzuhalten: Auch wenn der Hype um Wades Offensive natürlich gerechtfertigt war, liegt der Schlüssel zum Sieg in der fünften Finalpartie woanders. Miamis Defense wird das Spiel entscheiden. So oder so.

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