[dropcap style=”font-size: 60px; color: #9b9b9b;”] D[/dropcap]a sind wir also: Spiel 7. „Die beiden besten Wörter im Mannschaftssport“, wie Erik Spoelstra sagt. Der Coach der Heat sprach in den vergangenen Tagen oft von „dem Prozess“, dass „alles was nötig ist, getan werden muss“. Recht hat er. Gleichzeitig wirft diese Sachlage einige Fragen auf, die heute Abend nicht nur beantwortet werden, sondern eben ultimativ die Frage nach dem NBA-Champion 2013 beantworten …
Welche diese Fragen sind? Diese hier …
Defense: Was wollen die Heat in Spiel 7?
Die Taktik dürfte sich gegenüber der Partie am Dienstag nicht ändern. Spoelstra will dem Gegner die Penetration nehmen, damit verhindern, dass sein Team aushelfen und zu den Außenschützen rotieren muss. Dies gelang in der sechsten Begegnung außerordentlich gut, weil LeBron James über weite Strecken Tony Parker in Schach hielt und Manu Ginobili agierte wie Manu GiNOOOOOOOOOObili.
Wenn jemand die Heat schlagen sollte, dann Tim Duncan. Gegen ihn sollten Chris Bosh sowie der von seinem Dasein auf der Bank begnadigte Chris Andersen – beide hatten sich in dieser Hinsicht zuvor nicht gerade mit Ruhm bekleckert – eins-gegen-eins verteidigen, während der Rest die Schützen und etwaig zum Korb schneidende Spurs deckte.
Es war ein Plan der zumindest in der zweiten Halbzeit aufging, als vor allem Bosh seinen Hall-of-Fame-Kontrahenten immer wieder „frontete“ – Bosh stellte sich vor Duncan, drückte ihn nach hinten und machte so das Anspiel schwer bis unmöglich.
An diesem defensiven Plan wird Spoelstra festhalten, dass Duncan noch einmal 27 Zähler in einer Halbzeit auflegt, darf bezweifelt werden. Einen Backup, der im Lowpost scoren kann, gibt es auf der schwarz-silbernen Bank nicht. Das Risiko einer erneuten Zeitreise des Big Man in die Anfangsjahre dieses Jahrtausends ist um einiges unwahrscheinlicher, als dass die Schützen San Anotnions ihre Chancen nicht nutzen.
Offense: Was wollen die Spurs in Spiel 7?
Coach Gregg Popovich dürfte nicht gefallen haben, wie viel sein Team am Dienstag mit dem Dribbling lösen musste. Der Ball lief nur zäh von einer auf die andere Seite des Halbfeldes, immer wieder gingen Parker, Ginobili und Co. in Dribbelduelle, wenn sie Duncan am Zonenrand nicht anspielen konnten.
Letzteres gelang in Halbzeit eins deutlich besser, San Antonio führte. Als die Nachschubwege zu Duncan aber zugestellt waren, blieben den Spurs oft nur Einzelaktionen.
Also ist zu erwarten, dass Pop – wie eigentlich immer in dieser Serie – den offensiven Gameplan anpasst. Es dürften Plays Aufnahmen finden, in denen Duncan mehr Blöcke gestellt bekommt, in denen er in der Bewegung den Ball erhält. Das allzu leicht zu verteidigende „Wir dribbeln jetzt mal nach vorne und geben Tim den Ball am Zonenrand, wo er schon seit zehn Sekunden steht“ dürfte viel seltener zu bestaunen sein.
Was ist aber mit Parker und Ginobili? Mit Danny Green und Gary Neal? Auch für sie muss Pop natürlich Räume kreieren. In Spiel sechs war wenig zu sehen, von Blöcken auf der ballschwachen Seite oder Screens zu sehen, die dem Verteidiger eine Entscheidung abverlangen. Dort könnte er nachjustieren, denn wann immer die Defense der Heat bisher übermäßig kommunizieren musste, ging das sehr oft schief. Wie ein solches Play der Spurs aussehen könnte? So etwa …
Schließlich wollen die Spurs laufen. Es soll mit Ball nach vorne gesprintet werden, nicht getrabt. Jeder Angriff, in der die Sporen auf eine unorganisierte Defensive Miamis treffen, ist ein guter Angriff. Steht der massive Verbund aus Spiel sechs erst einmal wird es viel schwerer.
Abschließend noch eine Klarstellung: Es ist nicht so, dass die Offensive der Spurs am Dienstag versagt hat, immerhin hatten sie das Spiel quasi schon gewonnen. Duncan trug sie jedoch sehr lange, das darf heute niemand erwarten.
Offense: Was wollen die Heat in Spiel 7?
Kurz gesagt: Sie wollen, dass LeBron James ohne Headband spielt. Natürlich ist es eine Fanutopie zu erwarten, dass der King über die gesamte Spielzeit so unfassbar aufdrehen kann, wie er es im vierten Viertel am Dienstag tat.
Nach einer Saison wie dieser, nach den Belastungen der vergangenen drei Jahre, mit Finals, Nationalmannschaft, etc. ist selbst ein Athlet wie er irgendwann nicht mehr in der Lage in nur wenigen Tagen den Akku komplett aufzuladen.
Allerdings muss sich wohl auch Spoelstra fragen, wo diese Konsequenz, diese Wucht in den Bewegungen in den fünf Spielen zuvor war? Wieso fällt es James so schwer, diese Topleistung abzurufen, wenn es nicht um ALLES geht?
Wenn er heute direkt zu Beginn derart den Ton angibt, stehen die Spurs von einem Riesenproblem. Denn dann müssen sie noch mehr Hilfe senden, die Schützen der Heat werden an der Dreierlinie so frei stehen, wie noch nie in dieser Serie. Viele werden sich jetzt vielleicht fragen: Aber was ist mit Kawhi Leonard, Boris Diaw und Danny Green? Die haben doch lange einen guten Job gemacht, das war nur ein Ausrutscher im vierten Viertel von Spiel sechs.
Hier ist die Antwort: So gut Leonard, Diaw gegen James verteidigen, so toll Green seine Fastbreaks unterbindet … wenn LeBron James es will – so wie in Spiel sechs am Ende – HABEN ALLE DREI KEINE CHANCE GEGEN LEBRON JAMES IM EINS-GEGEN-EINS! KEINE! Spos und Miamis Problem ist jedoch, dass James das bisher kaum wollte …
Ohne einen James in Galaform, müssen sich die Heat auf Wade und – so komisch das klingt – Mario Chalmers verlassen. Die beiden sorgen für Penetration, für Offense und in Chalmers Fall auch für Dreier. Genauso wichtig: Sie zwingen Parker und Ginobili defensiv zu arbeiten. Kann Chalmers noch einmal so aufspielen wie in Spiel sechs? Schwer zu sagen. Darauf wetten möchten sie in Miami wahrscheinlich lieber nicht.
Defense: Was wollen die Spurs in Spiel 7?
Ganz einfach: Sie wollen, dass LeBron James zwei Headbands auf hat. San Antonio hat keine große Optionen in der Verteidigung. Eine Spielerwand vor LeBron aufbauen, ihn und Wade zu Sprungwürfen aus der Mitteldistanz oder Dreier zwingen – das ist die Taktik, die von individuellen Scouting Reports verfeinert wird. So läuft das schon die ganze Serie. Daran wird sich nichts ändern, warum auch? Der Erfolg dieser Verteidigungsstrategie hängt an LeBron James …
Wer gewinnt Spiel 7?
Es scheint, als würden alle Beobachter die Heat vorne haben. Der erwachte LeBron, der Heimvorteil, seit 1978 hat kein Auswärtsteam mehr ein Spiel sieben in den Finals gewonnen, der Schock der Niederlage in Spiel sechs. All das spricht natürlich deutlich für Miami.
Trotzdem gibt es einige Argumente für San Antonio. Immerhin hatten sie am Dienstag eigentlich schon gewonnen. Sie haben fast ein Supernova-Viertel von James überlebt. Wie wahrscheinlich ist, dass er noch mal so überragen kann? Waren nicht die Spurs das reifere Team in dieser Finalserie? War es nicht Popovich, der nach jeder Niederlage die passende Antwort fand? Waren es nicht die Heat, die am Dienstag über drei Viertel nicht mit dem Druck klarkamen?
Ich bleibe bei meinem Tipp, dass die Spurs gewinnen. Trotz aller validen Argumente dagegen. Sie haben die mentale Härte, um auch in Miami zu gewinnen, zwei der drei Partien hier waren knapp. Popovich hat bisher nachhaltigere Lösungen gefunden als Spoelstra, der sich vor allem auf seinen Superstar verlassen muss.
Und genau da liegt die große Unbekannte … LeBron James wird heute die Finals entscheiden. So oder so. Wenn wer will, ist er nicht zu stoppen. Will er?
Wer wird MVP?
Gewinnt Miami ist es keine Frage: James wird sich dann erneut mit Bill Russell fotografieren lassen. Er wäre auch bei einer Niederlage der beste Spieler der Serie und der wichtigste für sein Team.
Aber natürlich wird er nicht der erste Spieler seit Jerry West werden, der als Verlierer den MVP-Award überreicht bekommt – wäre auch ziemlich bitter mit den Gewinnern auf dem Podium zu stehen …
Gewinnen die Spurs, gibt es keinen klaren Favoriten und ich bin in dieser Hinsicht sicher, dass San Antonios der bester Mann heute gewählt wird. Das heißt: Wenn der beste Spur in Spiel sieben Tim Duncan oder Tony Parker ist. Beide sind auf ihre Art immens wichtig, sie sind die beiden Pole von Planet Popovich. Der eine sorgt für in diesem Team einzigartige Offensive von außen, der andere für selbiges am Brett und ist der Anker der Defense. Wenn ich einen Prognose treffen muss und es keine Co-MVPs gibt, dann denke ich, dass Parker heute viel besser spielen wird.
Aber genug der Theorie … Spiel sieben steht an. Let’s get it on!
Seid auf Twitter dabei, wenn ich aus der American Airlines Arena tweete!
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